
Quelle: Eon
STAHLINDUSTRIE:
Grüner Wasserstoff als „riskante Wette“
Die Stahlindustrie ringt um ihren Neustart: Klimaziele und Transformation erfordern Milliarden, doch der politische Rückhalt bleibt bislang vage.
Es führt kein Weg zurück: Deutschland hat sich für die drastische Senkung der CO2-Emissionen entschieden. Die Stahlindustrie
muss sich im Zuge der grünen Transformation völlig neu aufstellen und auf emissionsarme Technologie umstellen. Eine aktuelle
Studie der Strategieberatung Oliver Wyman und IW Consult, durchgeführt im Auftrag der Wirtschaftsvereinigung Stahl, kommt
zu dem Ergebnis, dass der Stahlstandort Deutschland derzeit an einem Scheideweg steht.
Die Skepsis darüber, ob die grüne Transformation der Branche auch gelingt, hat zuletzt bei den Kunden der Stahlindustrie nochmals spürbar zugenommen. „Für mich steht fest: Wir müssen pragmatischer an den grünen Transformationsprozess herangehen, ein Schwarz-Weiß-Denken ist nicht zielführend“, sagte Holger Stamm, Partner, Energy and Natural Resources bei der Strategieberatung und einer der Studienautoren, im Gespräch mit MBI Stahl Monitor. „Und Wasserstoff ist nicht der heilige Gral.“
Transformation hat bereits begonnen
Die Stahlindustrie in Deutschland hat bereits mit der Umstellung ihrer Produktion begonnen und investiert auch über die staatlichen Fördersummen hinaus. „Sie geht damit eine nach heutigem Stand riskante Wette ein“, machte Stamm deutlich. Denn die Probleme türmen sich: Die Energiepreise und auch die generellen Rahmenbedingungen stimmen nicht.
Der Wasserstoffhochlauf lahmt und entpuppt sich als weitaus teurer als noch vor einigen Jahren prognostiziert. „Die Preisentwicklung für Wasserstoff war damals viel zu optimistisch“, blickte der Experte zurück. Er sieht es inzwischen als unrealistisch an, dass die Umstellung der Branche auf die Versorgung mit grünem Wasserstoff in den nächsten Jahren starten kann. „Viele der neuen Anlagen werden in einer Übergangsphase mit Gas betrieben werden“, schätzte Stamm die Lage ein. Und die traditionellen Hochöfen dürften somit noch länger in Betrieb bleiben.
Doch nicht nur beim Thema grüner Wasserstoff gilt es für die Stahlbranche nach Überzeugung von Stamm, alte Glaubenssätze hinter sich zu lassen, um sich zukunftssicher aufzustellen. „Bei der Versorgung der Stahlwerke mit DRI (Direct Reduced Iron, Anm. d. Red.)muss man nicht alles selbst machen“, rüttelt er an dem traditionellen Glaubenssatz des integrierten Stahlwerkes. Denn man sollte akzeptieren, dass die DRI-Produktion in Deutschland mit den hiesigen Energiepreisen eine enorme Herausforderung darstellt.
Grünstahl-Newcomer wie die norwegische Blastr Green Steel wollen sich künftig auf die DRI-Herstellung konzentrieren und den Stahlrohstoff auch europaweit verkaufen. Die Standortbedingungen sind für Blastr aufgrund der reichlich vorhandenen natürlichen Ressourcen wie Windenergie und Wasserkraft in Finnland ungleich günstiger als in Deutschland, zumal Blastr einen direkten Hafenzugang haben wird. Die Schweden von Stegra wollen bereits im Jahr 2026 mit der Stahlproduktion loslegen. Sie setzen im Übrigen auf Risikominimierung, indem sie nicht nur Stahl, sondern auch Wasserstoff erzeugen.
Stamm: „Jedes Jahrzehnt hatte bisher seine Stahlkrise“
„Das Hexenwerk bei der Stahlerzeugung ist nicht die DRI-Produktion, sondern die Downstream-Prozesse, und genau hier hat die deutsche Stahlindustrie ihre Stärken“, betonte Stamm. Dazu gehöre natürlich auch die „Just-in-Time“-Belieferung der Kunden aus den wichtigen Abnehmerbranchen.
Dass sich die deutsche Stahlbranche derzeit an einem Scheideweg befindet, ist aus Sicht des Experten von Oliver Wyman kein singuläres Ereignis. „Jedes Jahrzehnt hatte bisher seine Stahlkrise“, blickt er zurück. „Aber die Stahlindustrie hierzulande lebt noch und ist wichtig, da etwa ein Viertel der Bruttowertschöpfung in Deutschland in stahlintensiven Sektoren stattfindet“, betonte er. Stamm sieht die aktuelle Krise für die Branche eher als Chance, sich auf die neue Situation einzustellen.
Denn das problematische Thema Energie könnte sich für die Branche zu einem neuen Geschäftsmodell entwickeln, ist Stamm überzeugt. Bei der Stahlproduktion anfallendes CO2 könne als Rohstoff etwa in der chemischen Industrie verwendet werden. „Es gibt für die Branche also neue Geschäftsmodelle. Dazu muss man aber mit Mut voran und in die Disruption gehen“, machte er deutlich. Und sollte die Neuaufstellung gelingen, könnte es nach Überzeugung des Experten vielfältige Abstrahleffekte auf andere Branchen geben.
Die Skepsis darüber, ob die grüne Transformation der Branche auch gelingt, hat zuletzt bei den Kunden der Stahlindustrie nochmals spürbar zugenommen. „Für mich steht fest: Wir müssen pragmatischer an den grünen Transformationsprozess herangehen, ein Schwarz-Weiß-Denken ist nicht zielführend“, sagte Holger Stamm, Partner, Energy and Natural Resources bei der Strategieberatung und einer der Studienautoren, im Gespräch mit MBI Stahl Monitor. „Und Wasserstoff ist nicht der heilige Gral.“
Transformation hat bereits begonnen
Die Stahlindustrie in Deutschland hat bereits mit der Umstellung ihrer Produktion begonnen und investiert auch über die staatlichen Fördersummen hinaus. „Sie geht damit eine nach heutigem Stand riskante Wette ein“, machte Stamm deutlich. Denn die Probleme türmen sich: Die Energiepreise und auch die generellen Rahmenbedingungen stimmen nicht.
Der Wasserstoffhochlauf lahmt und entpuppt sich als weitaus teurer als noch vor einigen Jahren prognostiziert. „Die Preisentwicklung für Wasserstoff war damals viel zu optimistisch“, blickte der Experte zurück. Er sieht es inzwischen als unrealistisch an, dass die Umstellung der Branche auf die Versorgung mit grünem Wasserstoff in den nächsten Jahren starten kann. „Viele der neuen Anlagen werden in einer Übergangsphase mit Gas betrieben werden“, schätzte Stamm die Lage ein. Und die traditionellen Hochöfen dürften somit noch länger in Betrieb bleiben.
Doch nicht nur beim Thema grüner Wasserstoff gilt es für die Stahlbranche nach Überzeugung von Stamm, alte Glaubenssätze hinter sich zu lassen, um sich zukunftssicher aufzustellen. „Bei der Versorgung der Stahlwerke mit DRI (Direct Reduced Iron, Anm. d. Red.)muss man nicht alles selbst machen“, rüttelt er an dem traditionellen Glaubenssatz des integrierten Stahlwerkes. Denn man sollte akzeptieren, dass die DRI-Produktion in Deutschland mit den hiesigen Energiepreisen eine enorme Herausforderung darstellt.
Grünstahl-Newcomer wie die norwegische Blastr Green Steel wollen sich künftig auf die DRI-Herstellung konzentrieren und den Stahlrohstoff auch europaweit verkaufen. Die Standortbedingungen sind für Blastr aufgrund der reichlich vorhandenen natürlichen Ressourcen wie Windenergie und Wasserkraft in Finnland ungleich günstiger als in Deutschland, zumal Blastr einen direkten Hafenzugang haben wird. Die Schweden von Stegra wollen bereits im Jahr 2026 mit der Stahlproduktion loslegen. Sie setzen im Übrigen auf Risikominimierung, indem sie nicht nur Stahl, sondern auch Wasserstoff erzeugen.
Stamm: „Jedes Jahrzehnt hatte bisher seine Stahlkrise“
„Das Hexenwerk bei der Stahlerzeugung ist nicht die DRI-Produktion, sondern die Downstream-Prozesse, und genau hier hat die deutsche Stahlindustrie ihre Stärken“, betonte Stamm. Dazu gehöre natürlich auch die „Just-in-Time“-Belieferung der Kunden aus den wichtigen Abnehmerbranchen.
Dass sich die deutsche Stahlbranche derzeit an einem Scheideweg befindet, ist aus Sicht des Experten von Oliver Wyman kein singuläres Ereignis. „Jedes Jahrzehnt hatte bisher seine Stahlkrise“, blickt er zurück. „Aber die Stahlindustrie hierzulande lebt noch und ist wichtig, da etwa ein Viertel der Bruttowertschöpfung in Deutschland in stahlintensiven Sektoren stattfindet“, betonte er. Stamm sieht die aktuelle Krise für die Branche eher als Chance, sich auf die neue Situation einzustellen.
Denn das problematische Thema Energie könnte sich für die Branche zu einem neuen Geschäftsmodell entwickeln, ist Stamm überzeugt. Bei der Stahlproduktion anfallendes CO2 könne als Rohstoff etwa in der chemischen Industrie verwendet werden. „Es gibt für die Branche also neue Geschäftsmodelle. Dazu muss man aber mit Mut voran und in die Disruption gehen“, machte er deutlich. Und sollte die Neuaufstellung gelingen, könnte es nach Überzeugung des Experten vielfältige Abstrahleffekte auf andere Branchen geben.
Eva-Maria Vochazer
© 2025 Energie & Management GmbH
Freitag, 04.04.2025, 15:50 Uhr
Freitag, 04.04.2025, 15:50 Uhr
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